Die Folgen von Covid-19 betreffen auch Trauerfälle, denn sie erschweren eine aktive Trauerarbeit und die persönliche Abschiednahme auf der Trauerfeier. Wie wichtig diese für die Hinterbliebenen ist, hat das Saarbrücker Start-up „Eternio“ bereits vor der Pandemie erkannt. Die drei Gründer haben eine gleichnamige Online-Plattform geschaffen, die über die herkömmlichen Trauerkarten und Traueranzeigen hinausgeht. In Zukunft soll dort sogar künstliche Intelligenz die Erinnerung an Verstorbene schützen. Das Start-up wird dabei unterstützt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und der Kontaktstelle für Wissenschaft und Technologietransfer an der Universität des Saarlandes.
„Für das Erstellen einer Gedenkseite fragen wir online nur den Namen der verstorbenen Person ab, den letzten Wohnort und das Sterbedatum“, berichtet Philip Pelgen. Zusammen mit den Informatikern Henrik Bergmann und Max Jakob hat er im Mai 2020 das Start-up „Eternio – Gesellschaft für Erinnerungskultur“ gegründet. Nach erfolgreicher Prüfung der Daten erhält die trauernde Person dann den Zugang und kann kostenlos eine multimediale Gedenkseite erstellen, die unbegrenzte Zeit online ist. Darin enthalten sind beispielsweise die Möglichkeit zum Eintragen der Trauertermine oder das Einsammeln von Kondolenzspenden. Für die Nutzung der kompletten Erinnerungsvielfalt verlangen die Gründer einen Mitgliedsbeitrag.
„Berühmte Personen haben einen Eintrag in der Online-Enzyklopädie Wikipedia, doch privaten Personen bleibt diese Möglichkeit zum digitalen Gedenken versperrt“, erklärt Philip Pelgen die Motivation für das Start-up und die gleichnamige Plattform. „Auf Eternio soll man jedoch nicht nur nachschauen, wer verstorben ist, sondern sich auch darüber informieren können, wie man die Zeit der Trauer am besten gestaltet.“ Pelgen hat an der Universität des Saarlandes Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing studiert. Seine erste Anstellung führte ihn in ein saarländisches Krematorium. Sein Chef dort erzählte ihm, wie traurig es gewesen sei, keine Details zu der russischen Kriegsgefangenschaft des Vaters gekannt zu haben. Kurz bevor er seinen Vater darauf ansprechen wollte, verstarb er unerwartet. Diese Geschichte brachte Philip Pelgen auf die Idee, eine Online-Plattform für die Trauerarbeit zu entwickeln, die Hinterbliebene auch vernetzen kann und eine Möglichkeit liefert Erinnerungen festzuhalten. Die Kontaktstelle für Wissens- und Technologietransfer an der Universität des Saarlandes (KWT) unterstützte die Idee von Anfang an und half sowohl bei der Bewerbung für das Intensiv-Gründungsprogramm „Saarland Accelerator“ als auch für das Exist-Gründerstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. „Ohne die KWT hätten wir diese Gründerförderung nicht bekommen“, ist sich Pelgen sicher.
„Das Team ist interdisziplinär aufgestellt und hoch motiviert. Die Gründer betreten einen Markt, der noch nicht im Zeitalter der Digitalisierung angekommen ist. Das Potenzial ist klar erkennbar“, erklärt Christine Görgen, Gründungsberaterin an der KWT. Die Veröffentlichung der Plattform sei nun ein erster wichtiger Meilenstein. Künftig soll Künstliche Intelligenz auf der Plattform nicht nur Trauernden passende Trauersprüche und Bildmotive vorschlagen, sondern auch negative Kommentare erkennen. „Es gibt nichts Schlimmeres, als eine verstorbene Person öffentlich zu beleidigen“, begründet dies Pelgen. Ein Trauerchat sei ebenfalls geplant. Zusätzlich etablieren die Gründer gerade eine Kooperation mit Bestattern und den Betreibern von Krematorien. Diese sollen künftig ihre Kundinnen und Kunden beim Beratungsgespräch auf das Angebot von Eternio hinweisen. Gleichzeitig suchen die Gründer nach weiteren Finanzierungsquellen, Philip Pelgen ist dabei zuversichtlich. Im vergangenen Sommer hat er 145 Menschen systematisch interviewt und mit über 50 weiteren Personen Prototyp-Tests durchgeführt. „61,5 Prozent der über 40-Jährigen können es sich sehr gut bzw. gut vorstellen unser Angebot zu nutzen. Unsere Zielgruppe ist also schon bereit auf digitale Medien in diesem Kontext zurück zu greifen“, so der Gründer.
Auf die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen auf Bestattungen angesprochen, entgegnet Pelgen: „Das war grausam. Wenn man sich mit Trauer beschäftigt, weiß man, wie sehr die erschwerte Abschiednahme Angehörige und Verwandte getroffen haben muss.“ Daher wird er gemeinsam mit seinen Mitgründern auf der Plattform auch eine Vielzahl von Informationsartikeln über Tod, Gedenken und Trauer anbieten./gb
Weitere Informationen:
https://eternio.de/
Fragen beantwortet:
Philip Pelgen
Starterzentrum A1.1
Universität des Saarlandes
Telefon: 0681 965 938 80